Communität
Christusbruderschaft Selbitz

Schwester Edith Schmidt

Bild von Schwester Edith

Ich fand es beglückend, zusammen mit Menschen unterwegs zu sein, die das Gleiche wollten.

  • 1943 Geboren
  • 1964 Eingetreten

Gott immer mehr erfahren als den, der mich liebt und annimmt!

Die Communität Christusbruderschaft Selbitz (CCB) lernte ich schon als Kind kennen. Mein Vater war Pfarrer und so erlebte ich schon als Achtjährige Schwestern und Brüder der CCB, die in unser Pfarrhaus kamen und Freizeiten in unserem Dekanat hielten. Mit elf Jahren nahm ich an einer Kinderfreizeit in Selbitz teil. Mich beeindruckte an den Schwestern und Brüdern vor allem ihre Lebendigkeit, ihre Fröhlichkeit und ihre Jesusliebe. Ich war ein eher ängstliches, zurückhaltendes Kind, und das wirkte sich auch auf meinen Glauben und mein Bild von Gott aus. Ich bemühte mich sehr, es „Gott recht zu machen“.
In meiner Jugendzeit wurde mir v.a. die intellektuelle Auseinandersetzung mit dem christlichen Glauben wichtig. Mit siebzehn Jahren entschloss ich mich dann, eine Mädchenfreizeit in Selbitz zu besuchen. Ich wollte wissen, ob ich mit der dortigen Frömmigkeit noch etwas anfangen konnte. Ich fühlte mich neu angesprochen, vor allem durch die Auslegung biblischer Texte, in der mir etwas von Gottes großer, umfassender Liebe zu den Menschen entgegenkam. Erlebbar wurde sie für mich auch durch das Angenommensein durch die Mitglieder der CCB, besonders durch die Gründer, das Ehepaar Walter und Hanna Hümmer. So hielt ich auch in den folgenden Jahren Kontakt zur CCB. 
Das Abitur nahte und damit auch Fragen zu meiner weiteren Zukunft. Da mir Mathematik sehr lag, entschloss ich mich zu einem Mathematikstudium und besorgte mir einen Studienplatz und ein Zimmer am Studienort. Um die Zeit bis zum Semesteranfang zu überbrücken, entschloss ich mich zu einigen Wochen diakonischen Einsatz in Selbitz. Ich half mit auf einer Pflegestation und wurde dort zum ersten Mal näher mit Tod und Sterben konfrontiert. In dieser Zeit sprach Gott deutlich zu mir und mir wurde klar, dass er mich in der CCB haben wollte und ich sagte gerne: Ja!

 

Mein Leben in der Christusbruderschaft

In den ersten Jahren meines Seins in der CCB war für mich klar, dass ich mein Leben ganz Gott zur Verfügung stellen wollte – egal, was auch immer er von mir verlangen würde. Ich fand es beglückend, zusammen mit Menschen unterwegs zu sein, die das Gleiche wollten.  Mein jugendlicher Idealismus veränderte sich im Lauf der Zeit, als ich im Alltag des gemeinsamen Lebens auch meine eigenen Schwächen und die meiner Schwestern und Brüder besser kennen lernte und einen guten Umgang damit finden musste.
Nach einigen Jahren im Ordenshaus wurde ich von der Communität zum Psychologiestudium gesendet, das ich in Erlangen und Hamburg absolvierte. Neben den psychologischen Vorlesungen und Seminaren schrieb ich mich auch für Theologie ein. Das half mir sehr zu einer Vertiefung und Erweiterung meines Glaubens und meines Gottesbildes. Im Lauf meines Berufslebens wirkten einige psychotherapeutische Ausbildungen und geistliche Begleitung noch weiter in dieselbe Richtung. Ich konnte Gott immer mehr erfahren als den, der mich in meiner ganzen menschlichen Geschöpflichkeit liebt und annimmt; der diese Welt geschaffen hat und erhalten will und der will, „dass allen Menschen geholfen werde und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen.“
Das Studium in Hamburg (68er Jahre, kritische Anfragen an Autoritäten und Wissenschaftsverständnis, Vietnam- und Biafra-Krieg…) machte mich auch politisch wach und öffnete mich für den Weltbezug des christlichen Glaubens. Ein großes Vorbild wurde mir dabei Dietrich Bonhoeffer, sein Mut, seine klare Stellungnahme gegen das Naziregime und sein Einsatz für Juden und andere gequälte Menschen.
In meinem Beruf als Psychologin durfte ich unterschiedliche Menschen eine Strecke auf ihrem Lebensweg begleiten: zunächst „ verhaltensoriginelle“ Kinder und deren ErzieherInnen in einem heilpädagogischen Kinderheim; später körperbehinderte Kinder und Jugendliche; als Psychologische Psychotherapeutin KlientInnen in verschiedenen Lebensstationen und Krisensituationen. In meinem „aktiven Ruhestand“ tat sich noch eine neue Aufgabe auf: zusammen mit anderen Schwestern und einem Helferkreis die Unterstützung geflüchteter, zum Teil schwer traumatisierter Menschen.

Die Begegnung mit all diesen Menschen und das Teilnehmen-Dürfen an ihrer Entwicklung hat mein Leben sehr bereichert. Ich konnte immer wieder erleben, wie Gott ihnen (mit oder ohne ihren Glauben an ihn) zu mehr Freiheit, Lebendigkeit und Lebensfreude half.
Derzeit ist es mir ein starkes Gebetsanliegen, dass statt der zunehmenden Gewalt und Polarisierung in unserer Gesellschaft die Kräfte wieder stärker werden, die sich für Vielfalt, Toleranz und Menschenwürde einsetzen.