Mein Mann und ich gönnen uns – im ersten Jahr unseres gemeinsamen Ruhestands – öfter eine kleine oder auch größere Wanderung. Das Wetter ist schön und wir entscheiden spontan alles andere sein zu lassen und rauszugehen. Wie sehr freuten wir uns in den letzten Wochen über die ersten Leberblümchen, Frühlingsanemonen und Sumpfdotterblumen; sogar kleine Enziane haben wir dieses Jahr gesehen. Die Schöpfung folgt dem Aufruf „Jubilate Deo omnis terra!“ Sie preist ihn, jubelt ihm zu, der alles so wunderbar geschaffen hat. Immer wieder denke ich: Wie groß muss nicht nur Gottes Kreativität, sondern auch seine Liebe sein, dass er solch feine Blüten, kräftig ausschlagende Bäume und satte Farben bei Tulpen, Narzissen und Mohn werden lies – uns zur Freude. Ja, ich glaube, dass Gott uns erfreuen will.
Er will uns erfreuen, nicht nur, dass wir ihm in Freude dienen. Er will uns um unserer selbst will erfreuen, weil er uns glücklich machen will. So ist das mit seinem Segen. Er will uns um unserer selbst aus Liebe beschenken – im Überfluss. Gerade weil dem so ist, diene ich Gott so gerne, diene ihm in Freude.
Der Liedruf fordert uns nicht auf, uns ein Lächeln aufs Gesicht zu zimmern als fromme Leistung, sondern will uns in die Bewegung hineinnehmen, die vom Himmel her die Erde erfasst. Manchmal ist es ja so, dass wir den Windhauch des Geistes Gottes brauchen, der den Schleier von den Augen nimmt und uns wieder das Schöne sehen lässt – in der Schöpfung und in Gott.
Wir Evangelische neigen dazu, das Schwere und Ernste zu betonen. Es ist, als ob wir nie das Schlimme und Böse aus den Augen verlieren dürfen. Ja, es ist da in der Welt. Doch dürfen wir unseren Blick auch einmal ganz auf das Schöne und Gute richten. Ostern und der Frühling sind solch große Geschenke, in denen wir schwelgen dürfen, ja sogar sollen. Der Tod ist überwunden, Christus lebt und wir werden leben. Unser Lebensweg hat nie das Ziel des Leides. Er mag durchs Leid gehen; und manchmal scheint diese Zeit unendlich lang zu währen. Aber das Leid hat ein Ende – die Freude in Christus nicht. Im Gegenteil ergreift sie uns manchmal mitten im Leid.
Darum konnte Paulus im Gefängnis sagen: „Freut euch in dem Herrn alle Wege und abermals sage ich euch: Freuet euch.“ Unser Weg zielt immer auf das Leben in Freude: Halleluja, halleluja in laetitia.
Dr. Dorothea Greiner, Tertiärgemeinschaft

