Pacé - Frieden!

„Pace“ – Frieden, so entfährt es Mircea in absoluter Gewissheit am Ende des gemeinsamen Gottesdienstes. Alle stimmen selbstverständlich ein, auch wenn er nicht der Priester ist. Das berührt mich. Ja, Frieden für alle, aber nicht nur dieser allein, sondern auch ein tiefes Gefühl von Einheit durchströmt mich. Mircea, ein Mann, Anfang 60, mit leichter geistiger Behinderung, der in prekären Verhältnissen auf einem Dorf wohnt, kommt wie viele andere gern zum Gottesdienst zu einem Sozialprojekt in Siebenbürgen, Rumänien. Dort war ich gerade vor kurzer Zeit zu Gast.

Im Zugehen auf den 3. Oktober habe ich immer wieder daran gedacht, denn hier habe ich Einheit, und zwar im Gebet, auf unkonventionelle Weise erleben dürfen. Und dabei hätte die kleine Gemeinde, die dort täglich zusammenkommt, unterschiedlicher nicht sein können an Nationalität, Konfession, Bildung und biografischem Hintergrund. Hier habe ich tief gespürt: Christus lädt alle ein. Die Traurigen und Beladenen, die Armen und die Reichen, die Fragenden und Gewissen, die Heimischen und die Fremden sind ihm genauso willkommen, wie die Ungewaschenen, Gebildeten und Ungebildeten, die Andächtigen und die Ungeübten. Und so wird gemeinsam ganz ernsthaft gebetet und laut gesungen, mal zu tief und mal zu hoch, mit einem kleinen, spontanen Orchester oder ohne, dem Evangelium und einer Auslegung von einem ehemaligen Straßenkind gelauscht. Das, was wir haben, wird geteilt. Alle Gebete dürfen sein in einer großen Gebetsgemeinschaft, in verschiedenen Sprachen und Arten sich auszudrücken. Alles kommt zur Sprache und plötzlich sind auch die Albernen ganz bei der Sache, ihre Gebete für ihre Familie, den Pater und die Welt vorzutragen.

Wachsende Einheit unter den Christen ist meine Sehnsucht. In Siebenbürgen, wo so viele Konfessionen zuhause sind und am Sonntagmorgen in einer Stadt wie Hermannstadt die Glocken der verschiedensten Konfessionen ihre Gläubigen zum Gottesdienst rufen, berührt es mich, wie das Nebeneinander so selbstverständlich möglich ist. An der Basis gelingt auch das Miteinander.

Doch zurück zu Mircea: Früher haben sie ihn „Gaga“ genannt und verspottet, weil seine Sprache so schlecht zu verstehen ist. Oft ist er ungewaschen, weil seine Familie kein fließendes Wasser im Haus und er keine Hilfe hat. Zudem ist er unpassend zur Jahreszeit gekleidet. Viele der Versammelten haben große Probleme in ihrem Leben und miteinander. Aber wenn sie die kleine Kapelle betreten, verändert sich etwas. Es ist spürbar: Hier sind sie willkommen, egal woran sie glauben und wie sie leben. Hier haben alle einen Platz. Sie fühlen sich gut aufgehoben in Gottes Gegenwart. Und deshalb kommen sie gern und vertrauen Gott und der Gemeinschaft ihre Sorgen an. Und das stiftet Einheit in Christus, egal ob evangelisch, katholisch oder orthodox. Pace!
 

Sr. Maria Ute Ehlert, Hof Birkensee

Anm.: Die Namen sind verändert.